Perinatalsterblichkeit – Monatsdaten

Modellierung

Das Modell für die Monatsdaten muss neben den Trendkomponenten (Parameter β1 bis β3) mögliche jahreszeitliche periodische Schwankungen (Saisonfigur) berücksichtigen. Dazu werden zwei periodische Zusatzterme mit Perioden von 12 und 6 Monaten in das Modell eingeführt. Vier Parameter werden dafür benötigt, zwei für die Amplituden (β4, β6) und zwei für die Phasenlage (β5, β7):

E(Y(t)) = 1/(1+1/exp(β12·t +β3·t² +β4·cos(2pi·(t-β5)) +β6·cos(2pi·(2t-β7)))).

Die Zeitvariable t zeigt auf die Monatsmitte, wobei ein Monat definiert ist als ein zwölftel Jahr. Um große Zahlen zu vermeiden, beginnt die Zeitskala im Jahr 1980. Der Monat Mai 1986 beispielsweise entspricht t=6,375.

Die Cäsiumkonzentration in Kuhmilch wird als Ersatzgröße für die gesamte Cäsiumbelastung verwendet, hauptsächlich deshalb, weil mir diese Daten von der Gesellschaft für Umwelt und Gesundheit (GSF) zur Verfügung gestellt wurden, aber auch, weil Milch aus dem höher belasteten Bayern, insbesondere aus dem Voralpenland, in ganz Westdeutschland konsumiert wurde. Die Cäsiumkonzentration in der Kuhmilch wurde von Mai 1986 bis Ende 1988 nahezu täglich gemessen.

Die Berechnung der Cäsiumkonzentration in schwangeren Frauen basiert auf der Annahme eines konstanten täglichen Milchkonsums und einer während der Schwangerschaft kürzeren biologischen Halbwertszeit von 70 Tagen. Abbildung 1 zeigt die Cäsiumkonzentration in Kuhmilch (Punkte) und die sich im Gleichgewicht zwischen Aufnahme und Ausscheidung einstellende Cäsiumkonzentration in schwangeren Frauen (durchgezogene Linie).  


Abb.1: Cäsiumkonzentration in Kuhmilch (Punkte) und in schwangeren Frauen (durchgezogene Linie), berechnet unter der Annahme eines konstanten täglichen Verzehrs von Milch und einer biologischen Halbwertszeit von Cäsium von 70 Tagen.


Der mögliche Einfluss von Cäsium auf die Perinatalsterblichkeit wird durch einen Zusatzterm der Form β8·(cs(t-β10))^β9 (Cäsiumterm) im Regressionsmodell abgebildet. Darin ist Parameter β8 ist eine Proportionalitätskonstante, β10 ist die Zeitverschiebung zwischen Cäsiumbelastung und dem Zeitpunkt der Geburt, und β9 ist ein Exponent, der eine flexible Modellierung der Dosis-Wirkungsbeziehung erlaubt.

Zur Prüfung der Signifikanz des Cäsiumterms wird die Differenz der Summe der gewichteten Fehlerquadrate, die sich bei Regressionen ohne und mit dem Cäsiumterm ergeben, berechnet. Die Prüfgröße F ist folgendermaßen definiert:

F = ((χ²0-χ²1)/(df0-df1))/(χ²1/df1).

Dabei sind χ²0 bzw. χ²1 die gewichteten Fehlerquadratsummen unter der Nullhypothese bzw. mit dem Cäsiumterm; df0 bzw. df1 ist die zugehörige Anzahl von Freiheitsgraden. Die Differenz df0-df1 ist die Zahl der getesteten Parameter. 


Ergebnisse

 

Perinatalsterblichkeit in Deutschland

Abbildung 2 zeigt den Verlauf der deutschen Monatsdaten der Perinatalsterblichkeit und den langjährigen Trend. In Abbildung 3 sind die zugehörigen Abweichungen zwischen beobachteten und erwarteten Werten der Perinatalsterblichkeit (standardisierte Residuen) aufgetragen, dazu der gleitende Dreimonats-Mittelwert (durchgezogene Linie). Maxima im Verlauf der standardisierten Residuen zeigen sich am Anfang und am Ende 1987. Der F-Test ergibt einen p-Wert von 0,0053 für den Cäsium-Effekt.

Abb.2: Monatsdaten der Perinatalsterblichkeit in Deutschland und langjähriger Trend


Abb.3: Standardisierte Residuen der Monatsdaten der Perinatalsterblichkeit in Deutschland und Dreimonats-Mittelwert


Zur Abschätzung der Zeitverschiebung zwischen Exposition und Geburt mussten aus programmtechnischen Gründen Regressionen mit vorgegebener Zeitverschiebung β10 zwischen 0 und 9 Monaten durchgeführt werden. Es wurde geprüft, für welchen Wert von β10 die Summe der Fehlerquadrate den kleinsten Wert annimmt, die Anpassung an die Daten also am besten ist. Dies war der Fall für eine Zeitverschiebung von 7 Monaten (siehe Abb.4).

Abb.4: Verlauf der Summe der Fehlerquadrate in Abhängigkeit von der Zeitverschiebung zwischen Perinatalsterblichkeit und Cäsiumkonzentration (profile sum of squares). Die gestrichelte Linie kennzeichnet den auf dem F-Test basierenden 95% Vertrauensbereich (5,5 bis 8,5 Monate) für die Schätzung der Zeitverschiebung (Parameter β10).


Perinatalsterblichkeit im Gebiet Zhitomir, Ukraine

Das Gebiet (oblast) Zhitomir ist die durch den Tschernobyl Fallout am stärksten belastete Region der Ukraine. Wegen seiner kleinen Einwohnerzahl von nur 1,4 Mio. ist der Nachweis einer erhöhten Perinatalsterblichkeit ungleich schwieriger als etwa in Deutschland mit 82 Mio. Einwohnern. Wie Abbildung 5 zeigt, ist die Erhöhung der Perinatalsterblichkeit gegenüber dem erwarteten Verlauf in den Monaten Januar und April 1987 deutlich signifikant. Auch in den polnischen Daten der Säuglingssterblichkeit zeigen sich in diesen beiden Monaten signifikant erhöhte Monatswerte der Säuglingssterblichkeit.

Abb.5: Abweichungen der beobachteten von den erwarteten Monatsdaten (standardisierte Residuen) der Perinatalsterblichkeit im Gebiet Zhitomir, Ukraine