Folgen von Tschernobyl:
Weißrussland
(Belarus) war das vom Tschernobyl-Fallout am stärksten betroffene europäische
Land. Im Gebiet Gomel, der höchstbelasteten Region von Belarus, steigt die
Perinatalsterblichkeit ab dem Ende der 1980er Jahre deutlich gegenüber dem Rest
von Belarus an. Die mögliche Ursache dieses Anstiegs ist die verzögerte
Wirkung von Strontium, das bevorzugt während der Pubertät in die Knochen
junger Mädchen eingelagert wird. Ein vergleichbarer Anstieg der
Perinatalsterblichkeit wie in Gomel zeigt sich am Ende der 1980er Jahre auch in
der Daten aus den hochbelasteten Gebieten der Ukraine. Daten
für Fehlbildungen bei Neugeborenen vor und nach Tschernobyl existieren nur in
Bayern, dem Bundesland mit der höchsten mittleren Cäsiumbelastung. Während
der bayerische Mittelwert der Fehlbildungsrate im Jahr 1987 nicht erhöht war,
war die Fehlbildungsrate am Ende des Jahres 1987 im höher belasteten Südbayern
ca. doppelt so hoch wie im niedriger belasteten Nordbayern. In den 10
Landkreisen mit der höchsten Cäsium-Bodenkontamination ist die
Fehlbildungsrate im November und Dezember 1987 fast 8-mal höher als in den 10
niedrigst belasteten Landkreisen. Ebenfalls in Bayern zeigt sich ein signifikanter Rückgang der Geburtenrate im Februar 1987, neun Monate nach dem Mai 1986, dem Monat mit der höchsten Strahlenintensität unmittelbar nach Tschernobyl. Auch in den höher belasteten Gebieten der Ukraine weist die Geburtenrate im Februar 1987 ein Minimum auf. Nach bisheriger strahlenbiologischer Lehrmeinung sollten teratogene Effekte unterhalb einer Schwellendosis von 100 mSv nicht vorkommen. Diese Schwelle liegt mindestens zwei Größenordnungen über der maximalen Strahlenbelastung des Embryos nach Tschernobyl in Deutschland. Damit widersprechen die hier berichteten Befunde der Existenz einer Schwellendosis für Schäden während der Embryonalentwicklung. Allerdings basieren die Ergebnisse auf ökologischen Studien und müssen mit Vorsicht interpretiert werden. |